Für Archäologen is der Name von Umberto Zanotti-Bianco mit einer der wichtigsten Entdeckungen in Italien in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts verbunden, derjenigen des archaischen Heiligtums der Hera Argiva an der Sele-Mündung (Foce del Sele), etwa neun Kilometer nördlich von Paestum. Im April 1934 gelang Zanotti-Bianco und Paola Zancani Montuoro die Lokalisierung dieses Kultplatzes. Dennoch wurde und wird Zanotti-Bianco, der nicht als Archäologe ausgebildet war, sondern ein Jurastudium absolviert hatte, nur von wenigen Fachkollegen als Archäologe im engeren Sinne wahrgenommen, nicht zuletzt wegen seines eher ungewöhnlichen Lebenslaufs und aufgrund der Tatsache, dass er niemals eine Stelle an einer Universität bekleidet und ebenso wenig je für einen archäologischen Dienst oder ein Museum gearbeitet hat. Seine Begeisterung für die Geschichte und die Archäologie der Magna Graecia war Teil seiner Bestrebungen zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage in Süditalien. Dabei waren seine Aktivitäten von Anfang an von der Überzeugung geprägt, dass auch die Kultur im weitesten Sinne eine wichtige Rolle für die Entwicklung der südlichen Regionen Italiens spielen konnte und sollte. In der Zeit des Faschismus geriet er als offener Antifaschist zunehmend in Schwierigkeiten, nicht zuletzt weil sich seine Pläne für den Mezzogiorno nicht mit denjenigen des Regimes vereinbaren ließen.